Mobile Commerce im Markt für Heimtierbedarf
Der Mobile First-Ansatz und eigene Mobile Apps können Heimtierbedarfs-Händlern zusätzlichen Umsatz und eine bessere Kundenbindung ermöglichen. Allerdings müssen beim M-Commerce viele Dinge beachtet werden.

Der Markt für Heimtierbedarf und Tiernahrung boomt offline und online. Mit Heimtierbedarf (Tiernahrung, -futter und Tierzubehör) wurden laut der Heimtierstudie 2019 (1, 2) 5,7 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Damit verbunden sind rund 210 000 Vollzeitarbeitsplätze. Die Zahl der Hunde und Katzen nimmt in deutschen Haushalten beständig zu. 2018 lebten dort 14,8 Millionen Katzen (2013: 11,3 Millionen) und 9,4 Millionen Hunde (2013: 6.8 Millionen). Im Jahr 2020 wurden im stationären Fach- und Lebensmitteleinzelhandel (3) mit Heimtierfertignahrung 3,46 Milliarden Euro (+4,6 Prozent) erwirtschaftet. Bedarfsartikel und Zubehör legten um 3,5 Prozent auf 1,053 Milliarden Euro zu. Laut Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) waren Wachstumsgewinner Bedarfsartikel und Zubehör für Katzen (218 Millionen Euro, plus 4,8 Prozent) sowie für Hunde (225 Millionen Euro, plus 4,7 Prozent). Der Fachhandel steigerte laut IVH seinen Umsatz für Bedarfsartikel und Zubehör auf 835 Millionen Euro und bleibt mit einem Umsatzanteil von 79 Prozent der wichtigste Absatzweg in diesem Segment. Der Lebensmitteleinzelhandel (einschließlich Drogeriemärkte und Discounter) behauptete sich als Hauptabsatzweg für Heimtier- und Tier-Fertignahrung. Insgesamt hat er mit einem Umsatzanteil von 61 Prozent 2,12 Milliarden Euro umgesetzt. Der Fachhandel konnte hier nur leicht zulegen. Norbert Holthenrich, Präsident des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) sagte, dass die Corona-Pandemie für die Umsatzentwicklung im deutschen Heimtiermarkt ein relevanter Einflussfaktor war. Hier stimmt er mit vielen Experten aus der Branche überein.
E-Commerce im Heimtierbedarfsmarkt
Der Online-Handel konnte auch durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020 nochmals kräftig zulegen. Viele Tier-Besitzer scheuten sich aus Angst vor Ansteckung in Geschäfte des stationären Handels zu gehen. Der geschätzte Umsatz lag bei 822 Millionen Euro. Damit wurde der Umsatz um 117 Millionen Euro (+16 Prozent) gegenüber 2019 gesteigert. Laut Statista (4) wurden in 2019 die größten Online-Shops für Heimtierbedarf durch die Unternehmen Zooplus (285,3 Millionen Euro, generiert in Deutschland), Fressnapf (61,8 Millionen Euro), Zooroyal (26,6 Millionen Euro), Futalis (16,4 Millionen Euro) und Tiierisch (10,7 Millionen Euro) betrieben.
Was genau ist M-Commerce?
Generell versteht man unter Mobile Commerce (M-Commerce) den Kauf oder Verkauf von Produkten und Dienstleistungen mittels drahtloser Handheld-Geräte wie Smartphones oder Tablets (5). M-Commerce ist Teil des Online-Handels und erlaubt dem Kunden Kauf-Plattformen ohne die Verwendung eines Desktop-Computers zu nutzen. Beispiele für M-Commerce sind "In App"-Käufe, Mobile-Banking, Apps für Virtuelle Marktplätze wie z. B. Amazon Mobile App oder auch digitale Geldbörsen wie Apple Pay, Android Pay und Samsung Pay. M-Commerce wird in M-Shopping, M-Banking und M-Payments unterteilt. App-Commerce ist eine Unterkategorie von M-Shopping.
Vorteile des M-Commerce sind:
Zusätzliche Kundenbindung durch leichte(n) Verfügbarkeit/ Zugang
Preisvergleich, Lesen von Kaufbewertungen, Käufe sind für den Kunden bequemer
Größere Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen
Automatisierter Business Point für Kundenkontakt und Verkäufe
Nachteile des M-Commerce sind:
Schlechte "mobile Kauferfahrung" kann Kunden vom Kauf abschrecken.
Bestimmte M-Payment-Optionen sind nicht an allen geographischen Orten verfügbar und unterstützen auch nicht alle digitalen Geldbörsen.
Das Unternehmen muss alle Steuergesetze und Regelungen des Ziellandes der Versendungen erfüllen (Kann vermieden werden, indem vom Herkunftsland versendet wird - also kein eigenes Fulfillment Center im jeweiligen Land betrieben wird.)
Tipps für den Erfolg im M-Commerce
Für die Webseitengestaltung gilt mittlerweile Mobile-First (6). Die Benutzerfreundlichkeit (Usability) am mobilen Endgerät soll den größten Mehrwert für den Kunden bieten. Das Responsive Design - also die automatische Anpassung der Webseite an die jeweilige Anzeigegröße des Endgerätes - ist Voraussetzung. Weiterhin ist bei der Usability die Zeitersparnis (strukturiert, übersichtlich, nur das Wesentliche, schneller Kaufabschluss) für den Kunden extrem bedeutsam. Darüber hinaus sind kurze Ladezeiten, einfacher Check-Out, flexible Zahlungsarten (die auch für unterwegs geeignet sind), GPS-Standorterkennung und Filialvorschlag, Authentifizierungsprozesse per Smartphone unverzichtbar. Für M-Shopping sollte auch ein eigenes Mobile Marketing durchgeführt werden. Hier eignen sich spezielle Anzeigen für mobile Anwender, Mobil-optimierte Exit Intent Popups, Mobile Coupons und eigenes Social-Media-Marketing bzw. Social Shopping. Viele Online-Händler bieten zusätzlich eine eigene App für das Mobile Shopping.
M-Commerce in der Heimtierbranche
Der größte Online-Shop für Tierbedarf wird in Deutschland durch Zooplus betrieben. Der Branchenprimus bietet hier alles von Hunde- und Katzenfutter (trocken und nass) sowie Futter für andere Tiere über Spielzeug für Hunde und Katzen bis hin zu Hundebetten und Kratzbäumen an. Mittlerweile ist der 1999 gegründete Tierbedarfs-Händler in rund 30 Ländern vertreten. Zooplus konzentriert sich im Gegensatz zu Fressnapf hauptsächlich auf E- und M-Commerce. Die über den Desktop-Computer erzielten Umsätze stagnieren allerdings schon seit einiger Zeit. Im Jahr 2019 erzielte der Online-Händler dagegen ein Umsatzplus von 29 Prozent mit M-Commerce (7). Aufrufe über mobile Endgeräte (Webseite und Apps für IOS und Android) hatten einen Anteil von 70 Prozent am gesamten Traffic. Über Apps erwirtschaftete das Unternehmen in 2019 213 Millionen Euro. Gegenüber 2018 ist das eine Zunahme von 61 Prozent. Allerdings liegt die Konversionsrate beim Desktop noch höher (21 Prozent) als beim Tablet (14 Prozent), Mobile Web (6 Prozent) oder App (16 Prozent). Im ersten Quartal 2021 erzielte der Online-Haustierbedarfshändler 509 Millionen Euro (+16 Prozent). Der Profit steigerte sich auf 10,3 Millionen Euro (Vorjahr -0,5 Millionen Euro).
Die App von Zooplus bietet viele smarte Funktionen wie die Verknüpfung von Shop und Community, Profile für Haustiere und andere Tiere, Foto-Posting, Produktbewertung, Favoritenspeicherung, Wiederbestellung via 1-Click, Infoabfrage von Produkten via Scanner im Geschäft, Bonusprogramm, etc. Der Online-Shop von Zooplus wurde 2017 sogar nach der Befragung von Kunden durch das Institut für Handelsforschung (IFH) Köln zum besten Internet-Shop Deutschlands gewählt. In Sachen Kundenzufriedenheit, Usability der Webseite, Kundenbindung und Wiederkaufsabsicht lag der Shop unschlagbar vorne.
Bis 2023 soll der Umsatz im M-Commerce weltweit um 250 Prozent zunehmen (8) und von 1,9 Billionen US-Dollar (2018, 1,6 Billionen Euro) auf 4,3 Billionen US-Dollar (3,7 Billionen Euro) Umsatz wachsen. Das Wachstum wird durch Konsumenten in den USA und China angetrieben, die 75 Prozent dieser Expansion ausmachen.
Im August 2021 berichtete die Tagesschau, dass Zooplus durch den US-Investmentfonds Hellman & Friedman für 2,8 Milliarden US-Dollar übernommen werden soll (9). Der Firmengründer Cornelius Patt erhofft sich durch die Übernahme vor allem Investitionen für die weitere Expansion. Mithilfe des Investors will Zooplus nun in Eigenmarken, Technologie, Marketing und Logistik investieren. Der Markt für Tierbedarf und Tiernahrung soll bis 2030 auf 50 Milliarden Euro in Europa wachsen.
Litertaur:
1 Ohr, Renate, Heimtierstudie 2019: Ökonomische und soziale Bedeutung der Heimtierhaltung in Deutschland, Universität Göttingen, September 2019, Link
2 BITO Fachwissen, Trends in der deutschen Heimtierbedarfs-Branche
3 Deutscher Heimtiermarkt 2020 - Industrieverband Heimtierbedarf (IVH), Link
4 Umsatzstärkste Online-Shops im Haustierzubehör-Segment in Deutschland im Jahr 2019, Statista, Link
5 M-commerce (mobile commerce, Techtarget, Newton (MA), Link
6 Yuece Haydar , Mobile Commerce: 7 Tipps für den Erfolg, Uptain, Wuppertal, Link
7 App-Tipp: Bei Zooplus ist die App größter Wachstumsmotor, September 2020, Mobilbranche, Link
8 Sands Kendrick, Mobile Commerce Predicted to Grow by 250% Over 5 Years, April 2019, Euromonitor International, Link
9 Investor will Zooplus kaufen Milliardengebot für Tierfutter-Händler, 13. August 2021, Tagesschau, Link