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Individuelle Fertigung bis Losgröße 1 gehört die Zukunft

Kun­den fra­gen zu­neh­mend nach Ein­zel­fer­ti­gun­gen. Durch In­dus­trie 4.0 und spe­zi­el­le Fer­ti­gungs­tech­ni­ken wird Los­grö­ße 1 mög­lich, was wie­de­rum die lo­gis­ti­schen Pro­zes­se stark be­ein­flusst.

Ratgeber & Wissen

Der Industriesektor und damit auch die Gesellschaft stehen vor einem großen Wandel. Industrie 4.0 bringt die Digitalisierung, weitreichende Automatisierung sowie die Vernetzung von Maschinen und Anlagen. Fabriken der Zukunft arbeiten auftragsbezogen auch bei kleinsten Bestellmengen. Es wird immer weniger massenhaft und schon gar nicht auf Halde produziert. Mit dem Fortschreiten der Technologie und der immer individualisierteren Gesellschaft wird es möglich sein, individuelle Produkte für einzelne Kunden zu produzieren. Spezielle Verfahren wie z. B. Rapid Prototyping und 3D-Printing werden dies ermöglichen.

Speedfactory und Losgröße 1

Losgröße 1 - also eine Sonderanfertigung bzw. Einzelfertigung zu den Kosten einer Massenfertigung - ist das Ziel. Generell bezeichnet die Losgröße die Menge von Produkten oder Teilen, die direkt hintereinander ohne eine Unterbrechung der Fertigung produziert wird. Da Umrüstzeiten und -kosten vermieden werden sollen, wäre es sinnvoll relativ große Lose herzustellen. Allerdings würden dann große Lagerbestände und -kosten entstehen. In Zeiten der schlanken Produktion und hohen Effizienz muss dies unbedingt vermieden werden. Ein gutes Beispiel für diese Art der individuellen intelligenten Produktion ist die sog. "Speedfactory" von Adidas. Das Unternehmen hat dafür alle Prozesse der Sneaker-Produktion in Ansbach - also im deutschen Absatzmarkt - und mittlerweile auch in einer zweiten Fabrik im amerikanischen Atlanta konzentriert. Roboter produzieren in der digitalisierten Fabrik Sportschuhe in wenigen Tagen. Nur die Rohstoffe werden noch importiert und das Weben der Textilien für das Obermaterial outgesourct. Bei der herkömmlichen Produktionsweise sind die Produkte erst nach Monaten marktreif. Durch E-Commerce und Social Media haben sich die Produktzyklen im Modebereich derart beschleunigt, dass Adidas schon in 2015 mit der Speedfactory in Deutschland nachgelegt hat. Das Unternehmen testet hier kontinuierlich Produktionsweisen der Zukunft. Neben der Rationalisierung und Konzentration der Fertigung sowie der Beschleunigung der Prozesse sind die Individualisierung der Produktion bis hin zur Losgröße 1 entscheidende Gründe für den Schritt. Künftig soll die Fertigung völlig individualisierter Sneaker nach Kundenwunsch zu marktfähigen Kosten möglich sein. Dabei kann der Kunde seine Sneaker online designen, wobei dieses Design direkt an die Maschinen weitergeleitet wird.

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Komplexe Intralogistik bei Einzelfertigung

Die maßgeschneiderte Einzelfertigung im Zeitalter von Industrie 4.0 beeinflusst sowohl die Produktions- als auch die Distributionslogistik. Bei der Produktion müssen spezielle Materialien und individuell gefertigte Teile Just-In-Time (JIT) bereitgestellt werden, wodurch die Intralogistik und die Datenverarbeitung wesentlich komplexer werden. Wie schon erwähnt, werden bei der Einzelfertigung kaum Artikel bevorratet. Es entstehen aber viele einzelne Transaktionen, wobei viele verschiedene Teile zu bestimmten Zeiten an die einzelnen Produktionsmaschinen geliefert werden müssen. Die Lager- und Fördertechnik muss dementsprechend flexibel und automatisiert sein. Eine Anlieferung per Flurförderzeug eignet sich hier eher nicht. Durch gut skalierbare Lager-Shuttlesysteme in Kombination mit fahrerlosen Transportsystemen (FTS) kann eine optimale Produktionsversorgung bis an die Maschine realisiert werden. Bei der individualisierten Massenfertigung müssen die Bauteile entlang der gesamten Wertschöpfungskette eindeutig gekennzeichnet und z. B. via RFID-Tags am Werkstück identifizierbar sein. Entlang der gesamten Versorgungskette müssen die einzelnen Stationen inklusive der Logistik Daten in Echtzeit austauschen. Der Bedarf an Bauteilen in der Produktion kann sich bei Losgröße 1 sehr schnell ändern, worauf die Logistik sofort reagieren muss. Beim Internet der Dinge kommuniziert alles mit allem. Konkret heißt das auch, dass das Unternehmens-Fertigungsleitsystem mit dem Warenwirtschaftssystem (ERP-System) und dem Lagerverwaltungssystem verbunden werden muss.

AKL und Roboterkommissionierung

Auch bei der Kommissionierung muss die gewählte Technik in der Lage sein, viele unterschiedliche Artikel binnen kürzester Zeit bereitzustellen. Am besten eignet sich hier das Ware-zum-Mann-Prinzip, wie es z. B. bei Automatische Kleinteilelagern (AKL) verwirklicht ist. Künftig werden aufgrund der beschriebenen Anforderungen sicher vermehrt Kommissionierroboter für individualisierte Produkte eingesetzt werden. Bisher erfolgt der stückgenaue Zugriff auf einzelne Produkte fast immer durch den Menschen. Doch bereits gibt es mobile wahrnehmungsgesteuerte Kommissionierroboter, die die genaue Vermessung und Erkennung von Objekten mittels 2D-/ 3D-Kameras sowie den sicheren Griff auf das einzelne Produkt ermöglichen. Der Kommissionier-Roboter erhält seinen Auftrag vom Warenwirtschaftssystem (WWS) per WLAN und fährt selbstständig zum entsprechenden Lagerplatz. Die Navigation funktioniert vollständig autonom auf der Basis von Laserscannern. Der Roboter lagert den Artikel in seinem mitfahrenden, herausnehmbaren Kommissionier-Regal mit rutschfesten Regalböden zwischen und kann den Pickvorgang unverzüglich fortsetzen. Ist das Regal voll, fährt der Kommissionier-Roboter eigenständig zur Versandstation.

Künstliche Intelligenz unterstützt Losgröße 1

Ein Unternehmen, das spezialisierte und individualisierte Kundenprodukte zu denselben wirtschaftlichen Voraussetzungen produzieren will wie bei einer Massenfertigung, benötigt eine hochwandlungsfähige und flexible Produktion. Daher müssen die Arbeitsplätze entsprechend angepasst und gestaltet sein. Das Arbeitsumfeld wird sich durch Industrie 4.0 ändern und künstliche Intelligenz (KI) wird dabei unterstützend eingesetzt werden. Beispielsweise werden an den Produktionsmaschinen große Mengen von Daten gesammelt und auf Servern gespeichert. Diese großen Datenmengen (Big Data) werden dann analysiert, um Muster zu finden, mit denen die Produktion effizienter und smarter gemacht werden kann. Diese Daten werden auch über Schnittstellen bereitgestellt, damit alle beteiligten Maschinen und Roboter kommunizieren können. Mithilfe von KI plant das System eigenständig beispielsweise Material- und Werkzeugbedarf sowie Transport oder Wartungsvorgänge mit ein. Dank ständiger Datenerfassung in Echtzeit durch zusätzliche Sensoren an den Maschinen wird eine vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) möglich. KI erkennt die Standzeit kritischer Bauelemente oder Baugruppen wie z. B. der Werkzeug- und Kugelrollspindel. Defekte Bauteile werden ausgetauscht, bevor sie ausfallen und den Prozess lahmlegen können. Maschinenstillstände werden dadurch minimiert.

Viele Kunden wollen eine breite Variantenvielfalt bei gleichbleibenden Produktionskosten und Lieferzeiten, die nur mit individueller Klein- und Kleinstfertigung zu erreichen ist. Die Antwort heißt Agile Manufacturing (Agile Fertigungszellen), wobei flexibel Bauteile und Varianten auch in Losgröße 1 gefertigt werden können. Die Prozesskomplexität steigt enorm. Daher überwacht die Werkzeugmaschine der Zukunft die Qualität ihrer Fertigung autark und in Echtzeit. Durch die intelligente hohe Vernetzung werden bestehende Kapazitäten und Ressourcen berücksichtigt sowie benötigte Werkzeuge, Rohstoffe und Zwischenprodukte eingeplant. Das Beste ist, der Kunde kann den Produktionsstand in Echtzeit mitverfolgen und im laufenden Prozess sogar noch Änderungen vornehmen.

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