Hochregallager: Hoch hinaus um jeden Preis?
Viele Vorteile sprechen für ein Hochregallager, es gibt aber auch Nachteile oder grundlegende Voraussetzungen. Entscheidend ist das Gesamtkonzept, das überzeugen sollte.

Höher, schneller, weiter! Alles wird größer und höher - auch Lager! Bereits existieren Hochregallager (HRL) bis fast 50 m Höhe. Aber ist das immer erstrebenswert und wirtschaftlich? Es gibt viele Gründe dafür hohe Lager zu bauen, es gibt aber auch viele dagegen. Je nach Rahmenbedingungen (Grundstückskosten, Handlingskosten, Zusatzkosten für die Höhe, Umschlagsleistung, etc.) besteht ein Optimum zwischen Grundfläche und Höhe des Lagers.
Hochregallager: Definition und Beispiele
Wann genau bezeichnet man ein Lager als Hochregallager? Unter einem Hochregallager versteht man ein Lager mit Regalen und einer Höhe von 12 m bis zur heutigen Maximalhöhe von 50 m. Es bietet wenige tausend bis zu mehreren hunderttausend Palettenstellplätze. Zudem besitzt es eine hohe Raumnutzung und wird manchmal manuell, aber meist halb- bzw. vollautomatisch durch ein Lagerverwaltungssystem mit Regalbediengeräten gesteuert. Der Raumnutzungsgrad stellt ein Verhältnis zwischen dem belegten Lagervolumen zum insgesamt vorhandenen Lagervolumen her. Zum Bau eines Hochregallagers sind große Investitionssummen nötig. Es ist in unterschiedliche Zonen aufgeteilt. Dabei gibt es einen Lagerbereich, in dem sich die Güter direkt zur Einlagerung befinden, die Vorzone mit einem Zufuhr- und Einlagerungsbereich für die Warenannahme und den Auslagerungsbereich für die Auslieferung der Ware. Generell lassen sich Flachgut und Langgut einlagern. Weitere Beispiele für Hochregallager sind staplerbediente Regallager (i.d.R. Schmalgangstapler "Man-Up") bis zur heutigen Maximalhöhe von 18 m, fünfgeschossige Fachboden-Regalanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 15 m und freitragende (Paletten-)Regallager in Silobauweise bis max. 50 m Höhe. Bei der Silobauweise wird die äußere Hülle eines Lagers von der Regalkonstruktion getragen und nimmt alle äußeren wirkenden Kräfte auf. Auch Inhouse Automatik-Anlagen - klassische Automatische Kleinteilelager (AKL), shuttlebetriebene AKL sowie Automatische Palettenlager (APL) - werden heutzutage bis zu 30 m hoch gebaut.
Welche Gründe sprechen für den Bau eines Hochregallagers?
Neben der hohen Raum- und Flächennutzung und der großen Anzahl an Lagerplätzen (Kapazität) sprechen noch andere Gründe und Vorteile für die Planung und den Neubau eines Hochregallagers. Bei halb- und besonders beim vollautomatischen Betrieb lassen sich teure Arbeitskräfte einsparen und (menschliche) Fehler minimieren. Weitere Vorteile sind die schnelle Ein- und Auslagerung bei vollautomatischem Betrieb in Silobauweise mit Regalbediengeräten oder Shutteln. Durch die effiziente Logistik entstehen weniger Transportschäden an den Waren. Bei manuell mit Gabelstaplern und Flurförderzeugen betriebenen Hochregallagern kann die Ein- und Auslagerungszeit aufgrund langer Wege und großer Hubhöhen allerdings recht lang werden. Generell bietet ein Hochregallager aufgrund des Aufbaus den Zugriff auf einzelne Lagerplätze (Paletten) und optimale Kommissioniermöglichkeiten bei optimaler Fördertechnik bzw. geeigneten Fördermitteln (Regalbediengeräte, Schmalgangstapler). Zudem ist es leicht auf ein verändertes Warensortiment anpassbar. Darüber hinaus gibt es natürlich unternehmensinterne Gründe - wie eine geringe zur Verfügung stehende Fläche und eine große benötigte Kapazität aufgrund eines umfangreichen Warensortiments - um sich für ein Hochregallager zu entscheiden. Auch branchenspezifisch existieren gute Gründe. Beispielsweise sind Zulieferer in der Automobilindustrie zunehmend dazu gezwungen größere (Puffer-)Bestände für die Just-in-Time-Produktion bei Herstellern vorzuhalten. Weiterhin besteht ein Trend zur Konzentration in der Distributionslogistik: Verschiedene Lager werden zu regionalen Distributionszentren oder sogar Europa-Distributionszentren zusammengefasst. Dadurch wird die Vollautomatisierung von Lagern wirtschaftlich und der Aufbau eines Hochregallagers rentabel.
Limitierende Faktoren für die Höhe
Natürlich bestehen auch Nachteile und limitierende Faktoren für die Ausmaße des Lagerregals. Zu den Nachteilen gehören die hohen Investitions- und Baukosten, die umfangreiche Organisation bereits vor Inbetriebnahme, die begrenzte Ausbaufähigkeit,
die Gefahr von Totalausfällen z. B. durch Fehler in der Lagerverwaltungssoftware sowie die speziell benötigten Fördermittel. Die enormen Dimensionen stellen große Anforderungen an die Stabilität und Bauweise, was wiederum die Baukosten hochtreibt. Aufgrund der enormen Bodenbelastung kann z. B. eine Bodenplatte leicht bis zu einem Meter Dicke erreichen. Besonders bei manuell betriebenen Hochregalen wird die Ein- und Auslagerungszeit aufgrund der großen Wege schnell lang. Zudem ist der Energiebedarf eines Regallagers mit extremen Ausmaßen sehr groß.
Es existieren Normen wie die Industriebaurichtlinie (IndBauRL) die ab 7,5 m Regalhöhe selbstständige Feuerlöschanlagen (Sprinkleranlagen) vorschreibt.
"In Lagergebäuden und Gebäuden mit Lagerbereichen müssen bei Lagerguthöhen (Oberkante Lagergut) von mehr als 7,5 m selbsttätige Feuerlöschanlagen angeordnet werden." (Quelle: 6.4.2 IndBauRL) Ein Hersteller von Hochregallagern muss wegen der Größe eines solchen Regallagers und der Menge der enthaltenen Waren einen bestmöglichen Brandschutz planen und realisieren. Detaillierte Empfehlungen zum Brandschutz gibt auch die VDI-Richtlinie 3564, wie beispielsweise zur Größe der Rauch-Abzugsflächen.
Das allgemeine Baurecht bzw. Landesbaurecht gibt zudem Hinweise zur Genehmigungsplicht von Hochregalen:
"Hochregale sind genehmigungspflichtig, wenn von ihnen die sie umhüllenden Bauteile (Wände, Dächer) getragen werden oder wenn sie zur Aussteifung eines Gebäudes dienen. In diesen Fällen werden die Hochregale als tragende oder aussteifende Teile des Gebäudes von der Baugenehmigung miterfasst. Andere Bundesländer haben als weiteres Kriterium die Höhe der Hochregallager eingeführt. Übersteigt diese 12 m sind sie ebenfalls genehmigungspflichtig. Aus der Genehmigungspflicht folgt, dass auch eine bautechnische Prüfung durchgeführt werden muss." (Quelle: Vereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik Landesvereinigung Baden-Württemberg e.V.)
Das Gesamtkonzept zählt!
Generell muss es nicht immer das höchste Regallager sein, sondern das am besten passende Gesamtkonzept bei der Planung sollte den Ausschlag für die Entscheidung im Einzelfall geben. Da bei der Lagerplanung viele verschiedene Parameter eine Rolle spielen, ist die Beratung und Planung durch versierte Lagerexperten unablässig.
Literatur
Vpi Baden-Württemberg, Kurzinformation "Hochregale", Nr 2, Allgemeines Baurecht, 11.05.1984, https://www.vpi-bw.com/ingenieur-box/kurzinformationen/?tx_vpishort_vpishortfe%5Bkurzinformationen%5D=56&tx_vpishort_vpishortfe%5Baction%5D=show&tx_vpishort_vpishortfe%5Bcontroller%5D=Kurzinformationen&cHash=c65f5ee7c454eac9bc921e5a826a4971
Empfehlungen für Brandschutz in Hochregallagern, VDI-Richtlinie 3564, https://www.technische-logistik.net/neue-vdi-richtlinie-3564-blatt-1-hochregalanlagen-sicher-vor-br%C3%A4nden-sch%C3%BCtzen