Process Mining optimiert Geschäftsabläufe
Process Mining bietet die Möglichkeit, Geschäftsprozesse zu durchleuchten und Potenziale zur Optimierung zu identifizieren. Mit der Methode können z. B. Lieferketten resilienter gemacht werden.

In modernen Unternehmen sind die Geschäftsprozesse in den unterschiedlichen Abteilungen hochkomplex. Die Prozesse können einerseits ineffizient sein, es können sich aber natürlich auch Fehler einschleichen. In vielen Fällen sind sich die Unternehmen über die genauen Prozesse nicht wirklich bewusst. Hier liegt also sehr viel Optimierungspotenzial verborgen. Beim sog. Process Mining sollen je nach Bedarf verschiedenste Optimierungsziele vorgegeben werden können. Das System soll also flexibel sein.
Was genau ist Process Mining?
Das Process Mining setzt sich aus den Begriffen Prozessmanagement und Data Mining zusammen. Es bietet die Möglichkeit, Geschäftsprozesse zu durchleuchten und Potenziale zur Optimierung zu identifizieren. Durch die Algorithmen des Data Minings werden große Datenmengen (Big Data) auf bestimmte Muster hin untersucht. D. h. reale Prozesse werden auf Basis von Ereignisprotokollen aus IT-Systemen (Informationen aus Event-Logs) anhand von Algorithmen analysiert. Zu den Prozessen, die in einem Unternehmen durch Process Mining untersucht und optimiert werden können gehören z. B. Fertigungsprozesse, Lieferkettenprozesse und Vertriebsprozesse.
Zu den Process Mining-Techniken gehören drei Typen: Discovery (Erkennung), Conformance (Übereinstimmungsprüfung) und Enhancement (Erweiterung). Beim Discovery werden Prozesse analysiert, erkannt und digitale Modelle der Prozesse erstellt. Conformance ermöglicht eine Beurteilung der Konformität bestehender Prozessmodelle zu aktuellen Daten. Sprich schon bestehende Prozessmodelle werden durch neue Daten validiert und abgeglichen. Enhancement schließlich kommt zum Einsatz, um bestehende Prozessmodelle zu erweitern.
Wie funktioniert Process-Mining?
Das Process Mining arbeitet mit Prozessmodellierung und -analyse. Dabei kann ein Prozess als eine Reihe logisch verknüpfter Prozessschritte gesehen werden, die als Ereignisse in Log-Dateien aufgezeichnet werden. Diese Informationen aus Log-Daten werden wie oben beschrieben mit entsprechenden Algorithmen und Process Mining-Techniken ausgewertet. Daraus entsteht ein digitales Modell der Prozesse der realen Welt. Prozessmodelle werden üblicherweise wie folgt dargestellt: BPMN (Business Process Model and Notation), EPK (Ereignisgesteuerte Prozessketten), Folgepläne, HIPO-Diagramme, KSA (Kommunikationsstrukturanalysen), Petri-Netze, SOM (Semantische Objektmodelle), UML (Unified Modeling Language), BPEL (WS-Business Process Execution Language).
Welche Vorteile hat Process Mining?
Process Mining ist im Gegensatz zu herkömmlichen Prozessanalyse-Verfahren holistisch angelegt. D. h. die Zusammenhänge bzw. die Abhängigkeiten aller Geschäftsprozesse wird mit einbezogen. Die Prozesse werden durch Process Mining in ihrer gesamten Komplexität dargestellt. Dabei basiert die Analyse auf realen Log-Daten und messbaren Parametern im Unternehmen. Das Process Mining grenzt sich durch den hohen Grad der Automatisierung von klassischen Techniken zur Erstellung von Prozessmodellen ab. Prozessabläufe, Kosten und Durchlaufzeiten können detailliert und transparent über verschiedenste Visualisierungsmöglichkeiten dargestellt werden. Dadurch kann zudem schnell und effizient auf Veränderungen reagiert werden und evtl. entstehende Probleme in der Zukunft vorhergesehen werden. Auch Problemquellen und Abweichungen werden durch Process Mining sichtbar. Gerade im digitalen Zeitalter von Industrie 4.0 und Logistik 4.0 müssen Betriebe ihre Prozesse immer wieder flexibel und optimal anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch Prozess Mining gewinnt ein Unternehmen Einsicht darüber, wie die Geschäftsprozesse funktionieren und wo Potenzial für Verbesserungen liegt.
Welche Fragen können beantwortet werden?
Process Mining ist sehr flexibel einsetzbar. Die unterschiedlichsten Prozesse wie beispielsweise Supply Chains, Transaktionen mit ERP-Systemen, Fertigungs- und Veredelungsprozesse, Verwaltungsprozesse oder Wissensmanagement können der Analyse zugeführt werden. Dabei werden unterschiedlichste Fragen beantwortet:
Wo kommt es in der Supply Chain zu Verzögerungen und was sind die Gründe dafür? Wo genau kann optimiert und evtl. Technologien und Prozesse automatisiert werden?
Werden die Kundenaufträge schnell und effizient bearbeitet? Warum kommt es zu verspäteten Lieferungen?
Funktioniert der Kundenservice? Werden Tickets schnell beantwortet?
Wie kann die Nutzung des Produktes verbessert bzw. erweitert werden?
Wie werden Lieferketten mit Process Mining resilienter?
Gerade durch die Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass Lieferketten sehr sensibel sind und leicht zerrissen werden können. Daher ist es jetzt wichtiger denn je, die Supply Chains resilienter zu machen. Hier soll dargestellt werden, wie dies mit Process-Mining erfolgen kann.
Lieferketten sind heutzutage extrem komplex und vernetzt. Den Verantwortlichen fällt es häufig schwer aus gewonnenen digitalen Daten ein konkretes Handeln abzuleiten. Es wird zunehmend wichtiger, Lieferketten an aktuellen strategischen Zielen auszurichten. Mittlerweile gibt es Apps, in denen die jeweiligen Ziele vorgegeben werden können, wobei im Hintergrund durch Process Mining eine Optimierung durchgeführt wird. Ein konkretes Beispiel ist die Optimierung des Materialmanagements in einer Lieferkette. Durch das Process Mining werden beispielsweise die am meisten gefährdeten Regionen und Materialgruppen aufgespürt. Durch den Abgleich von Bestand mit Kundenbestellungen deckt die Technologie die Lücke in den Planungsannahmen auf. Dies können z. B. ungenaue Vorlaufzeiten sein, die zu verspäteten Bestellungen und niedrigen Beständen führen. Process Mining generiert dann genauere Vorlaufzeiten und schätzt die Wahrscheinlichkeit einer pünktlichen Lieferung für jede einzelne Bestellung ab. Dabei wird die Vorlaufzeit automatisch im System aktualisiert und damit sichergestellt, dass die richtigen Materialmengen auf Lager sind. Das System kann auch Empfehlungen senden wie z. B. die Neuverteilung der Bestände zwischen verschiedenen Standorten - und das komplett automatisch.
Wie kann man Process Mining einführen?
Es ist nicht immer einfach, Process Mining in einem Unternehmen einzuführen. Zunächst muss eine genau Fragestellung ermittelt werden. Was für ein Problem liegt vor? Im vorangegangenen Beispiel waren das zu niedrige Bestände. Danach müssen die genauen Prozesse bestimmt werden (im Beispiel: Prozesse des Materialmanagements). Es kann sehr schwierig sein hier einheitliche Daten zu erhalten, da die zu analysierende Datenbasis aufgrund einer heterogenen IT-Infrastruktur uneinheitlich ist. Fehlen einheitliche Beschreibungen für Ereignisse, müssen die entsprechenden Log-Dateien zunächst aufbereitet werden. Hier ist allerdings die Gefahr der Verfälschung groß. Es kann also sein, dass die IT samt der Gewinnung von Log-Daten erst vereinheitlicht werden muss, um über einen längeren Zeitraum verwendbare Daten sammeln zu können. Die Process Mining-Software muss über entsprechende Schnittstellen angebunden werden und die angeschlossenen Systeme aufwendig konfiguriert werden. In der Regel ist dazu eine enge Zusammenarbeit mit dem Anbieter der Process-Mining-Anwendung erforderlich. Erst dann kommen die genannten Process-Mining-Technologien zum Einsatz. Der Vorgang ist ein iterativer Prozess. Die aus den Ergebnissen abgeleiteten Maßnahmen werden wiederum überprüft und, wenn nötig, angepasst.
Literatur:
van der Aalst, Wil, Process Mining - Data Science in Action, 2016, Springer Verlag
Philipp Thomsen Jan, Celonis, Wie Process Mining Lieferketten resilienter macht, 19. Januar 2021, Technik + Einkauf, verlag moderne industrie GmbH
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