Optimale Sortimentsgestaltung führt zur schlankeren Logistik
Ein aufgeblähtes Produktsortiment führt zu einer ineffizienten Logistik. Bei der optimalen Sortimentsplanung sollten daher ABC- und XYZ-Analyse, Produktlebenszyklus sowie die Ladungsträgerauswahl mit einbezogen werden.

Jedes produzierende Unternehmen und insbesondere jedes Handelsunternehmen steht vor der Frage, welche und wie viele Produkte es produzieren bzw. anbieten soll. Dabei wirkt sich die Produktpolitik und Sortimentspolitik nicht nur auf den Absatz und damit auf den Gewinn, sondern auch auf die Unternehmenslogistik aus. Natürlich will jedes Unternehmen möglichst viele "Renner"- und möglichst wenige "Penner"-Produkte im Sortiment haben und zudem Zusatzprodukte anbieten, die das Up- und Cross-Selling ermöglichen. Zudem entsteht die Frage nach der Sortimentsbreite und -tiefe. Wie viele unterschiedliche Warengruppen (Produktkategorien) sollen ins Sortiment aufgenommen werden und wie viele Alternativen sollen in einer Produktkategorie angeboten werden? Die Sortimentspolitik befasst sich nicht nur mit der Sortimentsauswahl, der Steigerung von Umsatz und Gewinn, sondern auch mit der Verminderung von Kosten sowie der Rationalisierung von Produktions- und Lagerhaltung. Ziele sind auch die Streuung von Risiken, die Verbesserung der Marktpositionierung, u.v.a.m..
Interessenkonflikt zwischen großem Sortiment und schlanker Logistik
Das Sortiment beeinflusst auch entscheidend die Unternehmenslogistik und damit alle Prozesse der Produktions- (sofern vorhanden), Beschaffungs- und Distributionslogistik. Auch besteht ein Interessenskonflikt zwischen der Größe des Sortiments für die Ermöglichung einer breiten Auswahl für den Kunden und einer effizienten Logistik im Sinne von sinnvollen und schlanken Prozessen. Die Diversifikation des Sortiments kann zu einer Vielzahl von benötigten Lieferanten und einer komplexen Logistik führen. Bei der Produktpolitik, -auswahl und der Sortimentspolitik sollte also unbedingt auch die Logistikplanung mit einbezogen werden.
Einfluss von Warenrotation und Verbrauchsschwankungen
Ein Analyseverfahren zur Bestimmung der Warenrotation (Abverkaufsgeschwindigkeit von Warengütern) ist die ABC-Analyse. Die Einteilung der Produkte des Sortiments mit der ABC-Analyse in Schnell- (Renner), Mittel- und Langsamdreher (Penner) ist sowohl für die Beschaffungslogistik, die Lagerhaltung, Kommissionierung wie auch für die Distribution bedeutsam. Als Beispiel für den Einfluss auf die Intralogistik soll die Lagerhaltung dienen. Generell werden Schnelldrehern bevorzugt Plätze im Lager zugewiesen. D. h. Artikel mit hoher Umschlagshäufigkeit werden nahe dem Ein- und Auslagerpunkt eingelagert, um die mittleren Fahrwege im Lager kurz zu halten und einen raschen Zugriff zu ermöglichen. Diese Belegungsstrategie erfordert die genaue Kenntnis über die Umschlagshäufigkeit. Natürlich beeinflusst die Abverkaufsgeschwindigkeit auch die Beschaffungs- und die Distributionslogistik bzw. die Kommissionierung. Ähnliches gilt für Verbrauchsschwankungen, also z. B. ob Güter nur saisonal in großer Menge verbraucht bzw. gekauft werden. Die Artikel des Sortiments werden mittels der XYZ-Analyse in Bedarfs- bzw. Verbrauchsklassen eingeteilt. Die X-Klasse zeichnet sich durch einen relativ konstanten Verbrauch aus. Artikel der Y-Klasse werden unregelmäßig verbraucht, wobei sich aber einen Trend erkennen lässt. Produkte der Z-Klasse weisen einen gänzlich unregelmäßigen Verbrauch auf. Mit diesem Hilfsmittel lässt sich also die Belastung der Unternehmenslogistik im Verlauf eines Zeitabschnittes - wie beispielsweise eines Jahres - abschätzen. So erhält man eine Planungsgrundlage für den eventuellen Zukauf von Dienstleistungen bzw. Outsourcing sowie die Personalbeschaffung. Für die generelle Unternehmensplanung sowie das Marketing werden beide Methoden meist kombiniert.
Sortimentspolitik bestimmt Auswahl der Ladungsträger
Die Sortimentspolitik bzw. das Sortiment bestimmt auch die Auswahl der Ladungsträger. Zunächst müssen die Güter in Stückgüter, Schüttgüter (flüssig, fest), palletier- und containerisierbare Güter gruppiert werden. Mit Ladungsträgern werden Güter zu einer Ladeeinheit zusammengefasst. Mit standardisierten Ladungsträgern lässt sich die Logistik eines Unternehmens optimieren. Zu den Ladungsträgern gehören Paletten (Europalette, deutsche Industriepalette), Gitterboxen, Großbehälter und Großladungsträger (GLT) sowie Kleinladungsträger (KLT).
Die deutsche Industriepalette besitzt die Maße 1200 × 1000 x 144 mm, wobei die Traglast je nach Typ (2, 3) und Holzart unterschiedlich ist. Die statische Traglast ist höher als bei Europaletten. Zudem ist die Industriepalette für den Einsatz in der Industrie und auf bestimmten Maschinen genormt. Die Europalette ist eine durch EN 13698-1 genormte Mehrwegpalette, die die Maße 1200 x 800 x 144 mm erreicht. Sie kann von allen Seiten mit dem Stapler oder Hubwagen aufgenommen werden. Die Europalette ist UIC-genormt (Internationaler Eisenbahnverband) und entspricht den Bestimmungen der European Pallet Association (EPAL). Aufgrund der Konzeption wird sie hauptsächlich im B2B Bereich (Gewerbe/ Industrie) für den Versand von Waren aller Art eingesetzt. Sie darf an einer Stelle maximal mit 1000 kg belastet werden. Insgesamt darf die Belastung 2000 kg nicht überschreiten.
Die bekannteste Gitterbox ist die fünffach stapelbare Eurogitterbox, Tauschgitterbox oder auch Poolbox. Die Grundfläche entspricht der der Europalette, wobei die Höhe 800 mm beträgt. Zudem gibt es Industrie-Gitterboxen und Klappgitterboxen. Bei den Großbehältern (z. B. Eurostapelbehälter XL) existieren Versionen mit Kufen, Füßen und Rollen. Sie sind meist ebenfalls auf die Maße der Europalette abgestimmt und sind in den Grundmaßen 600 x 800 mm mit unterschiedlichen Höhen erhältlich. Zudem existieren auch Schwerlastvarianten. Palettencontainer sind ebenso mit den Maßen der Industriepalette (1200 x 1000 mm) erhältlich.
Bei den Kleinladungsträgern (KLT) gibt es einerseits Euroboxen als auch vom Verband der Automobilindustrie (VDA) standardisierte KLT. Der Standard des VDA sieht drei Größenstufen vor, bei denen die Grundfläche die Nennmaße 300 × 200 mm, 400 × 300 mm und 600 × 400 mm besitzt. Als Höhe der Kisten gibt der VDA 147 mm, 213 mm und 280 mm vor, wobei für die kleinste Grundfläche nur eine Höhe von 147 mm vorgesehen ist. Vier Kisten der Größe 600 × 400 mm passen genau auf eine Europalette. Stapelbare Euroboxen (Eurostapelbehälter) existieren in den unterschiedlichsten auf die Europalette abgestimmten Grundmaßen wie beispielsweise 400 x 300 mm, 600 x 400 mm, 600 x 132 mm, 600 x 266 mm und vielen unterschiedlichen Höhen.
Welcher Ladungsträger der optimale ist, hängt einerseits vom transportierten oder gelagerten Gut als auch von den verwendeten Transportmitteln (Gabelstapler, Bahn, Flugzeug, etc.) ab. Darüber hinaus spielen auch Vorschriften für Verpackungen, Wetter- und Klimabedingungen, u.v.m. eine Rolle.
Produktlebenszyklus berücksichtigen
Jedes Produkt erreicht irgendwann einmal das Ende seines Produktlebenszyklus an dem es nicht mehr oder kaum noch nachgefragt wird. Daher ist es von Vorteil schon bei der Sortimentsgestaltung an den Produktlebenszyklus und die erwartete Produktlebenszeit zu denken. Normalerweise werden in einem Lager größere Mengen gelagert und umgeschlagen. Die Verwaltung von Restmengen und Auslaufmodellen eines Sortiments kann Schwierigkeiten bereiten. Man denke beispielsweise an ein Paletten-Kompaktlager. Die Güter werden in großen Mengen auf Paletten eingelagert und evtl. auch ausgelagert. Sind nur noch Restmengen von Artikeln vorhanden, beanspruchen diese nach wie vor den jeweiligen Palettenplatz. Die Zusammenführung von Restmengen auf nur einer Palette kann aber Probleme bereiten. Die Ware muss manuell verdichtet werden, was aufgrund zusätzlicher Arbeitsschritte unwirtschaftlich ist. Die Kommissionierung von Restmengen von einer Palette kann zudem fehleranfällig sein. Um Mischbelegungen zu vermeiden, eignet sich daher z. B. ein separates Kleinmengenlager.
Die Sortimentsgestaltung kann also bereits ein wichtiges Glied der Efficient Consumer Response (ECR) sein, die darauf abzielt, die Versorgungsketten effizient und an den Bedürfnissen der Kunden orientiert zu gestalten. Ein Ziel ist der Abbau von logistischen Ineffizienzen entlang der Wertschöpfungskette. Ein aufgeblähtes nicht optimiertes Sortiment bzw. eine schlechte Sortimentspolitik kann wie beschrieben auch zu einer ineffizienten Logistik führen.