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Logistikmarkt China

China will besonders die hohen Logistikkosten durch eine höhere Transporteffizienz und Automatisierung senken. Zudem fokussiert ein neues Infrastruktur-Programm auf sieben Kernbereiche in der Smart Logistics.

Ratgeber & Wissen

Das Land der Mitte positioniert sich mit Platz 27 unter den ersten 20 Prozent der 167 gerankten Länder beim Logistics Performance Index (LPI) 2018 der Weltbank. Damit liegt es nur knapp hinter Südkorea (23), Taiwan (24) aber noch vor Portugal (28), Thailand (34) und Malaysia (35). Zum Vergleich Deutschland liegt auf Platz 1, Singapur auf Platz 5, die Schweiz auf Platz 13 und die USA auf Platz 10 des LPI. Beim LPI werden Kriterien wie Infrastruktur, Zollabfertigung, Dienstleistungsqualität und Pünktlichkeit, u. a. berücksichtigt. 

Hohe Logistikkosten sollen gesenkt werden

Die größten Mankos bei der Logistik im Land der Mitte finden sich trotz allen Fortschritts immer noch im Bereich Infrastruktur, bei mangelnden Transportnetzwerken, geringen Lagerhauskapazitäten und bei der Zollabfertigung. Die Logistikkosten im Land der Mitte liegen bei rund 15 Prozent des Bruttoinlandproduktes. In Märkten wie den USA liegen sie bei nur sieben bis acht Prozent. 

George Yeo, ehem. Vorsitzender des Kerry Logistics Network, beklagt die hohen Mautgebühren im größten Mautstraßensystem der Welt (Länge rund 160000 km). Viele Prozesse in der Paketabfertigung im Land der Mitte basieren bisher noch auf Handarbeit. Daher muss dringend automatisiert werden, um die Arbeitskosten zu senken. Im letzten Jahr kündigte die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua weitere Maßnahmen zur Senkung der Logistikkosten und zur Verbesserung der Transporteffizienz an. Laut dem Sprecher Wu Chungeng soll die Effizienz in den nächsten drei Jahren u. a. durch die Beschleunigung des Ausbaus eines umfassenden Transportnetzwerkes, die Förderung des multimodalen Transports und die Ausweitung des elektronischen Mautgebührensystems erfolgen. Das Transportministerium wird die Eisenbahn-, Straßen- und Wasserweg-Transportsysteme ausbauen und die Struktur optimieren. Weiterhin soll das Netzwerk der Logistikhubs entwickelt werden. Wu sagte auch, dass technologische Innovationen wie das „Internet Plus Logistikmodell“ und die Konsolidierung von Informationsplattformen für Transport und Logistik vorangetrieben werden sollen. In diesem Rahmen wird laut des Premiers Li Keqiang eine intensive Integration der Informationstechnologie wie Internet, Big Data und Cloud Computing mit der Logistik angestrebt, um die Transformation und den Ausbau der Logistikindustrie und der Wirtschaft zu fördern. Im Jahr 2019 wurden die Logistikkosten gemäß Xinhua um 120,9 Milliarden Yuan (15,4 Milliarden Euro) gesenkt. Das Land der Mitte hat hier bereits in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. 

Neues Infrastruktur-Programm

Das Land der Mitte fördert die Wirtschaft durch Infrastrukturinvestitionen und die Etablierung zukunftsträchtiger Industriesektoren mittels der Programme „Made in China 2025“ sowie „Internet Plus“. Auf dem Nationalen Volkskongress in 2020 gab die Kommunistische Partei Chinas laut China Briefing (1) zusätzlich zur Verdopplung der Budgets für die Initiativen China 2025 and China Standards 2035 auch den Ausbau der digitalen Infrastruktur mithilfe weiterer 1,4 Billionen US-Dollar (1,14 Billionen Euro) bekannt. Der Ausbau wird besonders in sieben Kernbereichen stattfinden: 5G, IoT, Inter-City-Transport und Eisenbahnsysteme, Datenzentren, KI, Ultrahochspannungs-Energieübertragung und Ladestationen für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Im April 2020 gab die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission drei überarbeitete Hauptkategorien bekannt: Innovative Infrastruktur (Forschungszentren, Industrieparks, etc.), Informations-Infrastruktur (5G, IoT, KI, Blockchain, etc.) und integrierte Infrastruktur (Ultrahochspannungs-Energieübertragung und Ladestationen für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, etc.). In die drei Bereiche sollen bis 2025 schätzungsweise 1,2 Billionen Euro bis 2,1 Billionen Euro fließen. 

E-Commerce ist zusätzlicher Treiber für Ausbau der Logistik

Das Wachstum der Mittelschicht im Land der Mitte und der Wandel hin zu einer Industrienation ist nicht aufzuhalten. Die Nachfrage nach Konsumgütern steigt beständig und der Online-Handel nimmt rasant zu, was große Auswirkungen auf die Logistik und Logistikunternehmen des Landes hat. Z. B. expandiert die Expresszulieferindustrie gewaltig. Expressdienste werden u. a. durch die Post EMS und die privaten Logistikunternehmen SF Express, ZTO, YTO und Shentong Express angeboten. Im Jahr 2020 sollen gemäß der nationalen Regulierungsbehörde für Post- und Kurierdienste 74 Milliarden Pakete ausgeliefert werden (+18 Prozent gegenüber 2019 mit 63 Milliarden Paketen). 

Momentan ist das Online-Shopping im Land der Mitte laut Handelsministerium für rund 20 Prozent des Gesamtkonsums des Landes verantwortlich. Alibaba wie auch JD.com vertreiben zudem Lebensmittel über ihre Offline-Supermärkte Hema und 7FRESH. Der Alibaba-Hema-Supermarkt fungiert weiterhin als Fulfillment Center. Von den Angestellten werden parallel auch Online-Bestellungen bearbeitet. Für die Versorgung dieser Supermarktketten sind spezielle Lagerhäuser (Food-Grade) nötig, die extremen Anforderungen unterliegen. Meist sind diese Lagerhäuser hochautomatisiert, wie z. B. das vollautomatisierte JD Warehouse in Shanghai. 

Der Wettbewerb der beiden chinesischen Internetgiganten Alibaba und JD.com um Marktanteile im Land der Mitte weitet sich zunehmend auf den Logistikbereich aus. Laut dem amerikanischen "The Wall Street Journal" investiert JD.com immer mehr in hoch automatisierte Lagerhäuser. Das eigene Logistiknetzwerk umfasst bereits 15 Logistikparks, mehr als 500 Lagerhäuser, rund 7000 Auslieferungs- und Pickup-Stationen sowie 250000 Transport- und Lieferwagen. In abgelegene ländliche Gebiete liefert der Internet-Händler bereits via Drohne. Zudem werden Pakete auch auf Linienflügen befördert. Alibaba dagegen besitzt die Mehrheit der Anteile am Logistiknetzwerk Cainiao. Im Mai letzten Jahres kaufte die Alibaba Holding zusammen mit Investoren zehn Prozent des chinesischen Expresszulieferers ZTO Express im Wert von 1,26 Milliarden Euro. Zudem will das Unternehmen weitere Milliarden in seinen Logistikbetrieb investieren. Das E-Commerce-Unternehmen nutzt seit langem Logistiker wie ZTO und Chinas größten Expresszulieferer SF Express 

Logistikbetreiber folgen Online-Konsum

„Es ist wichtig die Distanz zwischen Lagerhaus und Verbrauchern zu reduzieren“, sagte Victor Mok, Co-Präsident China bei Global Logistic Properties (GLP). GLP besitzt 30 Millionen m² Lagerhausfläche und ist damit der größte Lagerhausbetreiber in China. Bisher fokussierte das Unternehmen auf Großstädte wie Peking, Schanghai und Shenzhen. Logistikbetreiber und Logistikunternehmen folgen nun aber dem Online-Konsum an Gütern hin zu kleinen Inlandsregionen. In größeren Ballungsräumen wurde das für die industrielle Entwicklung zur Verfügung stehende Land bereits limitiert. Daher ging das Investment dort gewaltig zurück. Gleichzeitig ist die Kapitalanlage in Logistikimmobilien in den letzten Jahren für private Investoren wie Versicherungsunternehmen und Investmentfonds immer attraktiver geworden. Es ist also zu erwarten, dass das Kapital in den Bau von Logistikimmobilien wie Lagerhäuser in ländlichen Regionen fließt. Letztes Jahr brachte JD.com 2,3 Milliarden Euro zusammen mit Teilhabern wie Tencent, dem Versicherungsunternehmen China Life und der Wagniskapitalfirma Sequoia auf, um die Logistiksparte JD Logistics (seit April 2017 selbstständiges Unternehmen) auszubauen. Mit dem Kapital wurde das Logistikangebot um Lagerhausbetrieb und Zulieferdienste auf der „letzten Meile“ erweitert. Laut Zhang Chen, Technischer Direktor bei JD.Com, geht es darum, dass effizienteste nahtlose Netzwerk – vom Kunden über die Supply Chain bis zur Logistik – aufzubauen. „Unsere Entscheidung frühzeitig ein eigenes logistisches Netzwerk zu entwickeln, hat den Weg zur heutigen industriellen Führerschaft für JD Logistics geebnet“, erklärte Richard Liu, Vorsitzender und Geschäftsführer von JD.com. 


Nach wie vor müssen Alibaba und auch JD.com Lagerhausplatz anmieten. Zudem geht der Trend zu sog. extrem automatisierten Smart Warehouses, um Arbeitskräfte und damit Löhne einzusparen und die Effizienz zu erhöhen. Beide Internethändler besitzen bereits „unbemannte“ roboterbetriebene Lagerhäuser (JD.com: warehouse “No1. Asia”, Cainiao: „Wuxi warehouse“). 

Internationale Belt and Road Initiative

An der Belt and Road Initiative sind mittlerweile 138 Länder (auch in der EU) beteiligt. Aktuell existieren rund 120 Projekte. Durch die Corona-Pandemie wurden fast 20 Prozent der Projekte ernsthaft verzögert. 

Die „One Belt, One Road”-Initiative (OBOR) der chinesischen Regierung wurde laut der Studie „Europe and China’s New Silk Roads“ (Dezember 2016) des European Think-tank Network on China (ETNC)  von der Regierung im Herbst 2013 als Schlüsselkonzept für die Außenpolitik des Landes ins Leben gerufen. Im Jahr 2016 wurde sie in Belt and Road Initiative (BRI) umbenannt und auf dem Belt and Road Forum for International Cooperation im Mai 2017 von Präsident Xi Jinping als neue Version der alten Seidenstraße und als neues goldenes Zeitalter für die internationale Kooperation beschrieben. 

Es ist geplant die Vernetzung von Land-, See-, Luft- und Internetinfrastruktur zu fördern und die Anstrengungen auf Schlüsselverbindungen, -städte und -projekte zu konzentrieren. Die Straßen-, Schienen- und Hafennetzwerke sollen verbunden werden. Es wurden sechs Wirtschaftskorridore im Rahmen der Initiative bestimmt, deren Entwicklung vorangetrieben wird. Das Land der Mitte will bis zum Jahr 2049 zur globalen Wirtschaftsmacht aufsteigen. Die Landroute (Silk Road Economic Belt) verläuft vom Land der Mitte über Zentralasien und Russland nach Europa. Der Seeweg (Maritime Silk Road) führt vom Chinesischen Meer über den Indischen Ozean, das Rote Meer und den Suezkanal in das Mittelmeer bis nach Europa. 

Die Projekte im Rahmen der BRI sind überwiegend in den Bereichen Infrastruktur, Transport, Energie, Rohstoffabbau, IT und Kommunikation angesiedelt. Darüber hinaus werden auch Industrieparks, Sonderwirtschaftszonen, der Tourismus und Städte entwickelt. Viele der Projekte wurden schon im Jahr 2013 begonnen, haben aber durch die Initiative Fahrt aufgenommen. Zu ihnen gehören der Hafen Gwadar und verschiedene China-EU-Eisenbahnverbindungen. Das wichtigste chinesische Transportprojekt im Euroland ist die Belgrad-Budapest-Schnellbahn, die später bis zum durch die chinesische Containerreederei COSCO dominierten Hafen Piräus in Griechenland erweitert werden soll. Es ist geplant, die Schnellbahn hauptsächlich für den Frachttransport zu nutzen. Piräus dient für chinesische Händler als wichtiges „Tor zu Europa“. Der Ausbau wichtiger Häfen ist ebenso Teil der BRI. Dazu gehören Häfen wie Piräus, Colombo und Hambantota in Sri Lanka, Dawei in Myanmar, Duqm im Oman, Doraleh in Dschibuti, Haifa in Israel, u. a. Insgesamt existieren fast 120 aktuelle Projekte (2). 

Literatur:

1 Wong Dorcas,China Briefing, How Can Foreign Technology Investors Benefit from China’s New Infrastructure Plan?, 7. August 2020, Shanghai 

https://www.beltroad-initiative.com/projects/ 

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