Brancheninfos

Die globale und die deutsche Automobilindustrie befinden sich in einem tiefgreifenden Wandel. Einen hohen Transformationsdruck üben laut Roland Berger neue Mobilitätskonzepte, autonomes Fahren, Digitalisierung und Elektrifizierung (MADE) aus. Krisen wie die Pandemie und der Russland-Ukraine-Krieg verändern die Lieferketten bzw. führen zum Überdenken von Beschaffungs- und Produktionsstrategien der Unternehmen. Der Klimawandel zwingt zum nachhaltigen Wirtschaften und bringt das Lieferkettengesetz, die Bilanzierung von Treibhausgasen nach Scope 1-3 und eine neue CSR-Richtlinie für eine verbesserte Transparenz beim Nachhaltigkeitsreporting von Unternehmen auf den Plan. Gemäss dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ist die Automobilindustrie Deutschlands beschäftigungsstärkster Industriezweig. Er bietet rund 2,2 Millionen Menschen Arbeitsplätze in der Produktion, der Zulieferindustrie, im Aftermarket (z. B. Ersatzteile) und im Handel. Die grössten Automobilhersteller des Landes sind Volkswagen, die Daimler AG und BMW.
Mobilitätswende
Die Mobilitätswende, also die Umstellung auf eine nachhaltigere und umweltfreundlichere Mobilität, betrifft nicht nur Unternehmen der Automobilbranche, sondern die gesamte Gesellschaft. Neue Mobilitätskonzepte müssen gefunden werden. Der verstärkte Einsatz von Elektromobilität und hybriden Antrieben, aber auch der Ausbau von öffentlichem Nahverkehr, Radverkehr und Fussverkehr sowie die Förderung von Car-Sharing und anderen Formen der gemeinschaftlichen Mobilität stehen an. Die Mobilitätswende betrifft damit nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch die Verkehrs- und Stadtplanung sowie die Politik. Laut der Fiedrich-Ebert-Stiftung e.V. wird die Mobilitätswende so tiefgreifend sein, dass eine neue Regulierung der Autobranche und die unternehmensinterne Transformation dazu nicht ausreichen. Unternehmen, Politik, Gewerkschaften und Verbraucher müssen dabei an einem Strang ziehen. Um Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland zu sichern, muss ein gemeinsamer Zukunftspakt zwischen Herstellern, Zulieferern, Bund und Ländern sowie Kommunen geschlossen werden.
Autonomes und vernetztes Fahren

In Zukunft bewegen sich Fahrzeuge nicht nur autonom, sondern sind auch vernetzt. Die Stufen der Entwicklung des autonomen Fahrens sind gemäss Fraunhofer-Institut für kognitive Systeme (IKS) Fahrassistenz-Systeme, Teilautomation, hohe Automation, volle Automation und autonomes Fahren. In Deutschland sind bisher nur teilautomatisierte Systeme der Stufe 2 für Autos zugelassen. Bei der Entwicklung aller folgenden Stufen sind noch viele rechtliche und auch technologische Hürden zu nehmen. Ab Stufe 3 müssen die Systeme das Fahrumfeld selbstständig überwachen und auf Veränderungen reagieren können. Autonomes Fahren ist nicht ohne Künstliche Intelligenz (KI) möglich. Autonome Autos und Lkw erfassen die Umgebung mit Radar und Lidar in Echtzeit.
Weitere Information erhalten die Systeme aus digitalen Karten und GPS-Daten. Zudem kommunizieren die Fahrzeuge untereinander, um das geplante Fahrverhalten von anderen Fahrzeugen mit zu berücksichtigen. Alle Daten werden zusammengeführt und durch KI ausgewertet (maschinelle Wahrnehmung). Auf Basis dieser Wahrnehmung werden ein situatives 3D-Modell der Umgebung erstellt und durch KI Vorhersagen getroffen. Die KI plant Handlungen wie Blinker und Bremse betätigen und führt sie selbstständig aus.
Es ist schwierig, eine genaue Vorhersage darüber zu treffen, wann autonomes Fahren der Stufe 5 in Deutschland möglich sein wird. Es gibt noch sehr viele technische, rechtliche, regulatorische und gesellschaftliche Hürden, die überwunden werden müssen, bevor vollständig autonomes Fahren Realität werden kann. Ein weiteres Problem ist die Datensicherheit und die Verhinderung von Cyberangriffen.
Generell hat autonomes Fahren das Potenzial, die Sicherheit auf den Strassen zu erhöhen, indem es menschliche Fehler reduziert. Es kann auch den Verkehr effizienter gestalten, indem es die Strassenkapazität besser nutzt und Verkehrsstaus reduziert. Der Einsatz der Technologie ist z. B. bei Taxis, Bussen, privaten Kfz, Fahrzeugen in der Produktion und im Lager, Lkw in der Industrie oder als Konvoy beim Warentransport denkbar.
Digitalisierung

Die Digitalisierung in der Automobilbranche übernimmt schon allein aufgrund der Grösse des Industriezweigs eine Vorreiterrolle. Der Industriestandard 4.0 und damit die Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung hat in den letzten Jahren stark zugenommen. In Zukunft werden Fahrzeuge in "intelligenten Fabriken" hergestellt, in der alle Komponenten, wie Maschinen, Roboter und Sensoren vernetzt sind und Daten austauschen. Dadurch wird eine sehr grosse Flexibilität sowie eine hohe Qualität und Effizienz der Produktion ermöglicht.
In der smarten Fabrik kann die Fertigung schnell umgestellt werden und zudem können sehr individualisierte Fahrzeugtypen hergestellt werden. Die Fabrik nutzt KI und maschinelles Lernen, um komplexe Entscheidungen zu treffen und die Produktion zu optimieren. Digitale Technologien können aber in fast allen Aspekten der Automobilbranche eingesetzt werden, z. B. in der Herstellung, entlang der gesamten Lieferkette bis hin zum Vertrieb und natürlich in den Fahrzeugen (s. o.) selbst. Auch im Vertrieb und Marketing werden digitale Technologien zunehmend eingesetzt, um Kunden besser zu erreichen und zu betreuen.
Dazu gehören Online-Verkaufs- und Reservierungssysteme sowie digitale Plattformen für den Austausch von Informationen und Erfahrungen zwischen Kunden und Herstellern. Auch die Blockchain-Technologie wird eine wichtige Rolle in der Automobilbranche spielen. Sie kann für sichere Zahlungen in Fahrzeugen, den Datenschutz, sowie für dezentrale Mitfahrgelegenheiten und Nachweis des Fahrzeugbesitzes verwendet werden.
Elektromobilität und alternative Energieträger
Elektromobilität umfasst verschiedene Fahrzeugarten, einschliesslich batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs), die ausschliesslich durch die Batterie angetrieben werden, Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEVs), die sowohl durch die Batterie als auch durch einen Verbrennungsmotor angetrieben werden können, und Brennstoffzellenfahrzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden und nur Wasser als Emission ausstossen. Die Energie, die zur Aufladung der Batterien verwendet wird, kann aus fossilen oder erneuerbaren Quellen stammen, was sich auf die tatsächliche Umweltbilanz der Fahrzeuge auswirkt. Die Automobilbranche konzentriert sich momentan auf die Entwicklung und Herstellung von klimafreundlichen Kraftstoffen, besseren Energiespeichern bzw. besseren Batterien, alternative Antriebskonzepte wie beispielsweise Brennstoffzellen.
Lieferkettendiversifizierung
Die Krisen der letzten Jahre haben es den Unternehmen und Verbrauchern schmerzlich bewusst gemacht, wie fragil Lieferketten sind. Durch die Pandemie und den Russland-Ukraine-Krieg kam es zum Zerreissen von Lieferketten und zu schweren Störungen im Warenfluss. Vielerorts konnten Waren gar nicht geliefert werden. In der Automobilbranche und Computerindustrie entstand ein folgenreicher "Chipmangel", der zu Produktionsausfällen, Verzögerungen, Preiserhöhungen und Veränderungen in den Modellpaletten führte. Die Unternehmen nicht nur in der Automobilbranche reagierten darauf mit der Diversifizierung von Lieferketten und angepassten Einkaufsstrategien.
Die Resilienz der Supply Chains lässt sich insbesondere durch sog. "Multisourcing" und "Multishoring" steigern. Beim Multisourcing wird darauf geachtet, dass der Einkauf von Teilen und Komponenten, etc. bei vielen z. T. konkurrierenden Lieferanten erfolgt. Verteilt man seine Lieferantenbasis auf viele Länder spricht man vom Multishoring. Gerade die Pandemie hat die starke Abhängigkeit von chinesischen Zulieferern gezeigt, die nun vermindert werden soll. Digitale Technologien ermöglichen auch hier durch die Bildung von effizienten, globalen Lieferantenplattformen und -netzwerken sowie ein dezidiertes Supply Chain Management wesentliche Verbesserungen.
Trends in der Mobilitätswende
Viele neue Mobilitätskonzepte entstehen: Dazu gehören Elektromobilität aber auch der Ausbau von öffentlichem Nahverkehr, Radverkehr und Fussverkehr sowie die Förderung von Car-Sharing und anderen Formen der gemeinschaftlichen Mobilität.
Neue Energieträger und bessere -speicher:
Entwicklung von klimafreundlichen Energieträgern und Kraftstoffen sowie besserer Energiespeicher (Wasserstoff-Brennstoffzellen, Superkondensatoren, Salzschmelze-Batterien).
Digitalisierung und Einsatz von KI in allen Bereichen:
KI verarbeitet Big Data und optimiert alle Prozesse in der intelligenten Fabrik, beim autonomen Fahren, in den Lieferketten, im Lager, im Vertrieb und im Marketing.
Smart Factory und neue flexible Fertigung:
Durch die digitalen Fabrik wird das fertige Auto bereits detailgetreu vor der Fertigung konfiguriert und die nötigen Produktionsschritte sinnvoll geplant. So entsteht ein optimaler Produktions-Plan, der die Produktionszeit erheblich verkürzen kann. Dies wird grosse Auswirkungen auf die Logistik und Intralogistik sowohl bei Herstellern als auch bei Zulieferern haben.
- Einzelanfertigungen und viele verschiedene Varianten sind in der Smart Factory im Sinne von Industrie 4.0 möglich.
- Besonders mittelständische Unternehmen bereiten sich mit schlanken Produktionsprozessen und der Vollautomation ihrer Intralogistik auf die digitale Produktion vor.
- Die Digitalisierung und der zunehmender Kostendruck führen weltweit zu exzellenten Logistiksystemen und optimierte Prozessabläufen.
- Neue z. T. chinesische Anbieter wie Tesla, Polestar, Lucid Motors, NIO und Byton treten auf den Markt und verschärfen den Innovationsdruck in der Entwicklung.
- Klimawandel und CO2-Beschränkungen bzw. Steuern werden die Automobilindustrie stark herausfordern. Beispiele sind Diesel-Fahrverbote, CO2-Steuer, etc. die neue technische Lösungen erfordern.
- Autonomes Fahren: AF besitzt das Potenzial, die Sicherheit auf den Strassen zu erhöhen, indem es menschliche Fehler reduziert. Der Verkehr kann effizienter gestaltet werden, da Fahrzeuge auch untereinander kommunizieren. Ein grosses Problem ist die Gefahr von Cyberattacken.
- Diversifizierung von Lieferketten, angepasste Beschaffungsstrategien wie "Multisourcing" und "Multishoring", digitale Lieferantenplattformen und die Optimierung durch KI bestimmen die Supply Chains.
Anforderungen an die Logistik
Es gibt Anzeichen dafür, dass die COVID-19-Pandemie die Produktionsweise in der Automobilindustrie verändert hat bzw. verändern wird. Während die Just-in-Time(JIT)-Produktion in der Autoindustrie seit langem eine weit verbreitete Praxis ist, hat die Pandemie einige Schwächen in diesem Ansatz offengelegt und Unternehmen dazu veranlasst, über alternative Produktionsmethoden nachzudenken. Durch die Störungen in den Lieferketten entstand ein Engpass bei Teilen und Komponenten, der die Fahrzeugproduktion massiv beeinträchtigte. Autohersteller wie Toyota haben damit begonnen, ihre Produktion neu zu organisieren. Dabei besinnen sich die Autohersteller auf lokale Zulieferer und die lokale Produktion von Teilen und Komponenten. Zudem wird über alternative Lagerhaltungsoptionen und die Erhöhung von Sicherheitsbeständen nachgedacht.
Das Pufferlager erfährt damit eine Renaissance in der bisher JIT-geprägten Automobilbranche.
Zudem kommt ein komplett digital durchgeplanter Produktionsablauf, der zunehmend effizienter, automatisierter, über das Internet der Dinge (IdD) verbunden und schneller wird (Smarte Fabrik). Die Logistik und Intralogistik muss sich hier nahtlos und insbesonders verzögerungsfrei eingliedern. Besonders mittelständische Unternehmen bereiten sich daher mit schlanken Produktionsprozessen und der Vollautomation ihrer Intralogistik darauf vor. Hochregallager sowie Automatische Kleinteilelager (AKL) mit Regalbediengeräten oder Shuttlesystemen, Fahrerlose Transportsysteme (FTS), Routenzüge, Durchlauf- und Kanbanregale, automatische Fördersysteme, u. v. a. m. sind hier die Mittel der Wahl.
Oftmals kommen auch spezifische Automobil-Ladungsträger zum Einsatz, die mit Lagersystemen perfekt integriert werden können. Hier ist es für Unternehmen äusserst wichtig, dass sie mit einem erfahrenen Lagertechnik-Spezialisten wie BITO zusammenarbeiten, der ihnen Systemlösungen für die Intralogistik von Ladungsträgern über FTS bis zu Regalsystemen aus einer Hand bietet.