Worauf muss man bei Gefahrstofflagern achten?
Der Bau und Betrieb von Gefahrstofflagern unterliegen einer großen Anzahl von Vorschriften. Wichtige Themen sind der Brand- und Explosionsschutz, Gewässerschutz und die Zusammenlagerung von Gefahrstoffen.

Ein Lager gilt als Gefahrstofflager, wenn dort Stoffe gelagert werden, die nach der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) klassifiziert sind. Dies sind Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse von denen eine Gefährdung für Umwelt und Gesundheit z. B. durch Gifteinwirkung, Brand oder Explosion ausgeht. Zu den Gefahrstoffen zählen wassergefährdende, entzündbare (Flüssigkeiten), aggressive oder anderweitig gefährliche Stoffe, wie z. B. Öle, Trennmittel, Reiniger, Farben und Lacke. Sie können auch erst im Zuge bestimmter Tätigkeiten entstehen oder freigesetzt werden.
Gesetze, Regeln und Vorschriften für Gefahrstofflager
Die Gefahrstofflagerung unterliegt den Vorgaben der Gefahrstoffverordnung (GefStoff V) sowie den technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 510) und dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Die Lagerung von Gefahrgütern im Sinne der Bereitstellung zum Transport oder einer Transportunterbrechung unterliegt dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBefG). Weitere Gesetze, Verordnungen, Regeln und Informationen kommen zum Einsatz. Dazu gehören zum Beispiel: Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), das Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz - ChemG) sowie die Information "Gefahrstoffe in Werkstätten" (DGUV Information 213-033). Am 1. August 2017 trat die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) in Kraft, die die bisher geltenden Länderverordnungen ablöste. Die Verordnung gibt vor, wie gefährliche Stoffe einzustufen sind, welche technischen Anforderungen die Anlagen und welche Pflichten die Betreiber erfüllen müssen. Weitere Informationen erhalten Sie bei der DGUV. Relevant für die Klassifizierung und Einstufung der gelagerten Gefahrstoffe sind die sogenannten Lagerklassen. Sie sind in der TRGS 510 – „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ (1) definiert. Soweit bestimmte Mengen überschritten werden, kann die Gefahrstofflagerung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BimSchG) genehmigungs- oder nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) erlaubnisbedürftig sein, was immer in Verbindung mit besonderen Auflagen für das Gefahrstofflager und dessen Betrieb verbunden ist. Das Sprengstoffgesetz (SprengG) gilt für explosionsgefährliche Stoffe, die als Sprengstoffe, Treib- oder Zündstoffe oder pyrotechnische Sätze Verwendung finden bzw. die für deren Herstellung bestimmt sind.
Wenn Sie mehr über das Thema Gefahrstoffe, Gefahrstofflagerung, Lagerklassen, Zusammenlagerung von gefährlichen Stoffen und erforderliche Gefahrgut-Behälter wissen möchten, lesen Sie bitte mehr im BITO-Artikel "Wann benötigt man ein Gefahrstofflager?" (2)
Anforderungen an Gefahrstofflager
Im Fachinformationsblatt "Gefahrstoffe sicher lagern" (3) der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) werden u. a. Hinweise zur Lagereinrichtung und zu den baulichen und technischen Anforderungen von Gefahrstofflagern gegeben (siehe auch 2). Einige Hinweise zu Gefahrstoffen, Gefahrstofflagern und Lagertechnik sind:
Gefahrstofflager müssen den baurechtlichen Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes entsprechen.
Eine Lagerung von Gefahrstoffen in Treppenhäusern, auf Fluren und Verkehrswegen ist nicht erlaubt.
Der Fußboden des Lagerraumes muss für das Lagergut undurchlässig sein.
Wichtig ist eine ausreichende Beleuchtung des Lagers.
Frei werdende Gefahrstoffe – zum Beispiel bei Abfüllarbeiten – sind an der Entstehungsstelle durch zweckmäßige Absaugungen vollständig zu erfassen.Lagereinrichtungen müssen statisch belastbar und standsicher sein; das Lagergut ist gegen Heraus- und Herabfallen zu sichern. Zerbrechliche Behälter sind so zu stapeln, dass sie nicht aus den Regalfächern fallen können. Die Lagerung in Hochregalen oder Regalen ist erlaubt, wenn diese den technischen Normen entsprechen.
Bei Lagerbetrieb mit Flurförderfahrzeugen ist an den Ecken der Lagerregale ein Anfahrschutz anzubringen.
Praxis- und Projektbeispiele
Brandschutz bei der Lagerung gefährlicher Stoffe
Das Thema Brandschutz ist in Bezug auf Gefahrstofflager extrem wichtig. Beim anlagentechnischen Brandschutz werden z. B. Feststellanlagen, Brandmeldeanlagen, Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Überdruckbelüftungsanlagen, Rauchansaugsysteme, leistungsstarke Sprinkleranlagen, Sauerstoffreduktionsanlagen und CO2-Löschanlagen eingesetzt.
Bei der Lagerung von gefährlichen Stoffen wird eine höhere Anzahl an Sprinklern (ggf. mit frühauslösenden Sprinklerköpfen) als in konventionellen Lagern eingesetzt. Auch kann die Sprinkleranlage mit einem höheren Leitungsdruck betrieben werden. Zur frühen Branderkennung bzw. frühen Auslösen der Sprinkleranlage werden beispielsweise Ansaugrauchmelder oder bei Palettenregalen auch Wärmestaubbleche in einer bestimmten Anzahl der Lagerebenen verwendet. Ansaugrauchmelder detektieren schnell, zuverlässig und sind bis zu 2000-mal sensibler als herkömmliche Rauchmelder. In Lagerbereichen, die unbemannt und vollautomatisch betrieben werden, können Sauerstoffreduktionsanlagen oder CO2-Löschanlagen genutzt werden. Mit einer Sauerstoffreduktionsanlage wird der Sauerstoffgehalt im Gefahrstofflager auf eine Konzentration von 13,5 Volumenprozent abgesenkt, was dafür sorgt, dass die meisten gelagerten Stoffe gar nicht erst selbstständig brennen können.
Der Brandschutz in Batterielagern wird durch den zunehmenden Gebrauch von Lithium-Ionen (LI)-Batterien z. B. in Elektroautos, E-Bikes, etc. immer erforderlicher. Beispielsweise bei großen Elektroauto-Batterien ist der Energiegehalt der Batterien so hoch, dass im Brandfall ein Löschen nahezu ausgeschlossen ist, wenn mehrere oder viele Batteriezellen betroffen sind. Bisher lässt man die LI-Batterien im Brandfall häufig kontrolliert abbrennen. Daher bietet es sich an, die Batterielager in separaten, flachen Gebäuden an entlegenen Stellen auf dem Werksgelände unterzubringen. In den Gebäuden werden die Batterien dann direkt auf dem Boden gelagert, um sie im Ernstfall kontrolliert abbrennen zu lassen und Sicherheit zu gewährleisten. Allerdings werden bereits andere Möglichkeiten entwickelt. Ein Schweizer Hersteller nutzt ein neues Sicherheitskonzept, dass die Wahrscheinlichkeit von Batteriebränden und Zellexplosionen in e-Mobility Anwendungen nachweislich reduziert. Dafür werden Zellverbindungen aus elektrolytisch vernickeltem Kaltband eingesetzt, die schadhafte Zellen bei erhöhten Stromflüssen automatisch vom Rest des Batteriepacks trennen. Bei mechanischer Beschädigung steigt die Temperatur nur lokal an der Zellverbindung. Diese schmilzt und trennt die beschädigte Zelle von den intakten Komponenten.
Explosionsschutz
Recht häufig findet sich im Sortiment eines Einzelhändlers oder Discounters „Gefahrgut“ wie Spraydosen (Haarspray.) Im Brandfall explodieren diese aufgrund ihrer Bauart normalerweise nicht, aber sie können wie kleine raketenartige Stahlgeschosse durch das Lager fliegen und gefährlich werden. Lagerfächer in Regalen werden daher häufig durch vertikale und senkrechte Umgitterungen abgetrennt. Die Fächer sind in Richtung Bediengang offen, die übrigen fünf Seiten sind aber geschlossen, sodass die Gefahr bei der Lagerung deutlich reduziert wird.
Bauliche Sicherheits- und Brandschutzmaßnahmen
Bei der Lagerung giftiger Stoffe (oder grundwassergefährdender Stoffe) werden häufig bauliche Veränderungen am Gebäude bzw. Fußboden vorgenommen. Diese Lager sind meist als „wasserdichte Wanne“ ausgeführt, damit im Havarie- oder Brandfall (Stichwort „kontaminiertes Löschwasser“) nichts ins Erdreich eindringen kann. Dazu kann der Lagerboden speziell beschichtet werden. Allerdings muss man beachten, dass diese Beschichtung später zum Beispiel beim Verdübeln von Regalen nicht beschädigt werden darf. Bei Neubauten wird daher bereits eine wasserdichte Schicht unter der Betonsohle eingefügt.
Für die Gefahrstofflagerung macht es auch Sinn, dass durch bauliche Maßnahmen eine Zusammenlagerung von gefährlichen und entzündbaren Stoffen mit anderen Materialien, Artikeln oder Produkten verhindert wird. Hier bietet sich ein getrennter Lagerbereich für gefährliche und entzündbare Flüssigkeiten oder Stoffe an. In diesem Bereich greifen dann die o. g. gesetzlichen Regeln und Vorschriften wie z. B. die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 510) und andere Anforderungen an die Gefahrstofflagerung.
Literatur:
1 TRGS 510 – „Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“, Ausgabe: Januar 2013, ©Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund, download
2 Wann benötigt man ein Gefahrstofflager?, Bito Fachwissen, Meisenheim, download
3 Fachinformationsblatt "Gefahrstoffe sicher lagern", Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), Hamburg, download